Großmähren war ein Staatsgebilde, das im 9. und 10. Jahrhundert in Mitteleuropa existierte und Teile des heutigen Tschechien, der Slowakei, Ungarns und Polens umfasste. Dieser Zeitraum spielt eine wichtige Rolle in der Geschichte der slawischen Völker, da er einen bedeutenden Meilenstein auf dem Weg zu ihrer kulturellen und politischen Entwicklung darstellt.
Großmähren entstand vor dem Hintergrund zahlreicher Migrationen slawischer Stämme und des Niedergangs des awaren Kaganats. Die Slawen begannen, sich in größeren Stammesbünden zu vereinen, und eine dieser Vereinigungen war Großmähren, die um 833 unter der Führung des Fürsten Rastislav entstand.
Rastislav, der bestrebt war, seine Macht und Unabhängigkeit vom ostfränkischen Königreich zu stärken, schloss ein Bündnis mit den Byzantinern. Dies führte zur Einladung der Heiligen Kyrill und Methodius, die eine Schlüsselrolle bei der Verbreitung des Christentums und der Schaffung einer slawischen Schrift spielten.
Die Heiligen Kyrill und Methodius, die 863 in Mähren ankamen, brachten griechische Kulturtraditionen mit und entwickelten die Glagoliza — das erste slawische Alphabet. Dies war ein wichtiger Schritt zur Entwicklung der Schriftlichkeit in slawischen Sprachen und zur Stärkung des christlichen Glaubens unter den Slawen.
Trotz der Erfolge sah sich Großmähren einer Reihe von Problemen gegenüber. Feindliche Nachbarstaaten wie Polen und Ungarn übten Druck auf ihre Grenzen aus. Innere Konflikte und Machtkämpfe untergruben ebenfalls die Stabilität des Fürstentums.
Großmähren wurde zum Zentrum der slawischen Kultur. In dieser Zeit wurden die ersten Schulen gegründet, in denen Lesen und Schreiben sowie das christliche Lehramt unterrichtet wurden. Die religiösen und kulturellen Werte, die Kyrill und Methodius mitbrachten, beeinflussten die Entwicklung der Kunst, Architektur und Literatur.
Bis Ende des 9. Jahrhunderts war Großmähren aufgrund externen Drucks und innerer Konflikte geschwächt. 907 erlitt man eine bedeutende Niederlage gegen die Ungarn, was zum Verlust der Kontrolle über einen Großteil des Gebiets führte. Im 10. Jahrhundert hörte Großmähren auf, als unabhängiger Staat zu existieren, und seine Ländereien wurden unter den Nachbarmächten aufgeteilt.
Trotz des Falls hinterließ Großmähren eine tiefe Spur in der Geschichte. Sie wurde zur Grundlage für die Entstehung moderner slawischer Staaten und spielte eine wichtige Rolle bei der Verbreitung des Christentums unter den slawischen Völkern. Die Tätigkeit von Kyrill und Methodius legte den Grundstein für die Entwicklung slawischer Schriftlichkeit und Kultur, die bis heute fortbesteht.
Großmähren war ein wichtiger Schritt in der Geschichte der slawischen Völker, der die Grundlage für ihre kulturelle und spirituelle Entwicklung bildete. Obwohl ihr Staatswesen nicht lange existierte, ist der Einfluss dieser Epoche auch in der Gegenwart spürbar und prägt die Identität und Kultur der slawischen Länder.